Smart City: Deutschland

„Deutschland ist Innovations-Weltmeister, aber die digitale Infrastruktur hakt”

Im letzten Teil der Smart-City-Serie lesen Sie, warum keine deutsche Stadt in den Top-Rankings erscheint – Top-Smart Citys der Welt und was wir von anderen Nationen lernen können.

Das Konzept der Smart City steht ganz am Anfang: Mehr als 7,8 Milliarden Menschen bevölkern derzeit die Erde. In 30 Jahren wird die Weltbevölkerung voraussichtlich auf zehn Milliarden Personen anwachsen – 75 Prozent davon werden vermutlich in stĂ€dtischen Gebieten leben. Die Anforderungen an die Smart City werden weiter wachsen, um technologiebasierte VerĂ€nderungen und Innovationen in urbanen RĂ€umen zu verbessern. Dabei liegt der Fokus auf die Bereiche Economy (Wirtschaft), People (Bevölkerung), Governance (Verwaltung), Mobility (MobilitĂ€t), -Environment (Umwelt) und Living (Leben). Die Smart City ist die Antwort darauf, wie man trotz steigernder Bevölkerungsdichte ein nachhaltiges, effizientes und sozial harmonisches Zusammenleben ermöglichen kann. Smart City-Konzepte sind keine Utopie, sondern Wirklichkeit und Zukunft!: In den USA, Asien und bei unseren europĂ€ischen Nachbarn gibt es viele wegweisende Konzepte – in Deutschland geht die Entwicklung leider langsamer voran. Woran liegt es?

Deutschland gilt als das innovativste Land der Welt. Internationale Rankings und nationale Umfragen zeigen jedoch, dass das Land bei der digitalen Entwicklung nach wie vor hinterherhinkt. Woran liegt es, dass Deutschland Innovations-Weltmeister und digitaler NachzĂŒgler zugleich ist? Grund: Die informationstechnologische Infrastruktur ist Landesebene nur mittelmĂ€ĂŸig bis schlecht entwickelt. Nicht ausreichend, um im Vergleich mit anderen wettbewerbsfĂ€higen LĂ€ndern wichtige digitale Innovation pushen zu können. Beim jĂ€hrlicher Ranking des IMD World Digital Competitiveness zur digitalen WettbewerbsfĂ€higkeit verschiedener LĂ€nder, die von den USA angefĂŒhrt wird, landete Deutschland 2020 nur auf Platz 18 – hinter Österreich.

Dass Deutschland beim Technologiefaktor so weit hinten rangiert, liegt unter anderem daran, dass das Land bei mehreren Kriterien im Bereich regulatorische und technologische Rahmen wie UnternehmensgrĂŒndungen, Kommunikationstechnologie, mobilem und kabellosem Breitband schlecht abschneidet. Am Know-how kann es nicht liegen, denn in Deutschland wird viel in Forschung und Entwicklung investiert: Beim Einsatz von Robotern in den Bereichen Ausbildung, Forschung und Entwicklung liegt Deutschland weltweit auf Platz 2. Das Problem ist die mangelhafte Vernetzung und vergleichsweise schwache technologische Infrastruktur. Sowohl der Global Competitiveness Report des WEF als auch das World Digital Competitiveness Ranking der IMD zeigt, dass Deutschland mit seiner Innovations-FĂ€higkeit, stabilen Wirtschaft und seinem gut ausgebauten Umfeld fĂŒr Forschung und Entwicklung gute Voraussetzungen hat, dieses Manko zu lösen, um wieder ganz vorn mitzuspielen.

Welche Stadt liegt vorn in Deutschland?

Bei einem Ranking der „Wirtschaftwoche” kam Hamburg auf Platz 1. Hoch sind die Werte fĂŒr die Digitale Infrastruktur und Smart Energy. Im Bereich Environment und Smart Mobility sind die Werte ausbaufĂ€hig. Beim Thema Smart-Health, Building & Security und Government und Education ist noch reichlich Luft nach oben. Auch im „Smart City Index”, des Branchenverbands Bitkom steht die Hansestadt mit insgesamt 79,2 von 100 möglichen Punkten erneut an der Spitze im Ranking. Als Beispiele fĂŒr innovative Smart-City-Lösungen werden in dem Bericht in Hamburg die Tiefen-Vermessung von Hafenbecken und Elbe mit autonom fahrenden Fahrzeugen genannt.

Auf Platz 2 und 3 folgt werden hĂ€ufig Köln und MĂŒnchen genannt. Als eine von 20 deutschen StĂ€dten hat sich Köln beim Programm „Smart Cities Modellprojekte” durchgesetzt und erhĂ€lt finanzielle Förderung durch das Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat (BMI). Zusammen mit mehr als 30 Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und BĂŒrgern soll die Stadt einen „Raum fĂŒr die Einwicklung von digitalen Lösungen aufbauen”. Die Fördersumme betrĂ€gt 15 Millionen Euro. Das Projekt lĂ€uft unter dem Titel „Stadtlabor”. Die Stadt hatte sich mit “un:box cologne” um die Förderung beworben. Das Projekt zielt darauf ab, dass alle Kölner Ideen zum Thema Digitalisierung einbringen und sich alle Akteure miteinander vernetzen. Das Labor soll binnen sechs Monaten mit der Umsetzung konkreter Ideen anfangen. Außerdem ist Köln als einzige Deutsche Stadt beim Projekt „GrowSmarter” vertreten und hat sich StĂ€dtekonsortium aus Stockholm und Barcelona angeschlossen, um gemeinsam Fördergelder aus dem Horizon 2020 Programm der EuropĂ€ischen Union zu erhalten. Mit dem Zuschlag von insgesamt 25 Millionen Euro können die StĂ€dte ihre ambitionierten Projekte im Bereich der MobilitĂ€t, Energie und Informations- und Telekommunikations-Technologie umsetzen. Die virtuelle SmartCity-Konferenz dazu ist KlimaStar 2021 (www.smartcity-cologne.de).

Die Zukunftsfragen der Stadtentwicklung werden von der EU mit der „Smarter Together”-Initiative gefördert. In MĂŒnchen soll die LebensqualitĂ€t, Wirtschaftlichkeit und nachhaltige Ressourcen-Nutzung durch Smart-City-Lösungen gesteigert werden. Die drei LeuchtturmstĂ€dte MĂŒnchen, Wien und Lyon funktionieren dabei als ein Raum, in dem an Lösungen experimentiert werden, die auf andere Regionen ĂŒbertragen oder auch international ĂŒbernommen werden sollen. Als sogenannte Nachfolge- und BeobachterstĂ€dte sind Sofia, Venedig, Santiago de Compostela sowie Kiew und Yokohama am Projektgeschehen beteiligt. All diese Maßnahmen sollen gebĂŒndelt dabei helfen, mehr als 20 Prozent CO₂ einzusparen. Bis 2050 will MĂŒnchen im Projektgebiet sogar CO₂-NeutralitĂ€t erreichen.